Nicole Hausammann
Magister HF (SS 1996)
Eine Votivstele der Nördlichen Wei-Zeit (386-534 n.Chr.) im
Rietberg-Museum Zürich
Die Blütezeit der buddhistischen Stelen, die seit Anfang des 5.
Jahrhunderts hauptsächlich in Nord-China hergestellt wurden, fällt
in die Zeit der nördlichen und südlichen Dynastien (386-581 n.Chr.).
Eine Untersuchung der Stelentypen ab der Östlichen Hanzeit ergab,
daß die buddhistische Stele zwar größtenteils auf hanzeitliche
Stelentypen zurückgeht, aber durch den Einfluß des Buddhismus
eine neue Entwicklung erfuhr. Statt der Inschrift dominierte nun die bildliche
Darstellung und es entstanden zum ersten Mal in China Steinfiguren in Hochrelief.
Am Beispiel der Stele im Museum Rietberg (dat. 520, Inv.Nr. Rch 110) wird
aufgezeigt, wie stark eine Verschmelzung buddhistischer und chinesischer
Traditionen auch in Ikonographie und Stil stattgefunden hat.
Bei der ikonographischen Untersuchung ergab sich, daß rein buddhistische
Motive, wie Buddhas, Bodhisattvas, rein chinesische Motive, beispielsweise
Stifterfiguren, Pavillons oder Weihrauchgefäße, sowie Motive,
die sowohl chinesischen, als auch buddhistischen Ursprungs sein können,
wie zum Beispiel Drache und Phönix, nebeneinander auftauchen.
In stilistischer Hinsicht geht die schemenhafte Darstellung der Stifterfiguren,
Wächter und Dämonen in strenger Frontal- und Seitenansicht, sowie
die parallele Riefelung der Gewänder- und Tierkörper auf hanzeitliche
Relief-Darstellungen in chinesischen Gräbern zurück.
Die plastische Ausarbeitung der Körperrundungen und der Faltenwurf
bei Buddhas und Bodhisattvas dagegen sind dem Einfluß der indischen
Skulptur zuzuordnen.
Aufgrund einiger motivischer und stilistischer Besonderheiten konnte die
Rietbergstele dem lokalen Stil, der im Südosten Shaanxis und Süd-Shanxi
vorherrschend war, zugeordnet werden. Die Untersuchung der buddhistischen
Stelen nach ihrer geographischen Herkunft ergab, daß sie im wesentlichen
aus Herstellungszentren in den Provinzen Shaanxi, Shanxi und Henan stammen.
Petra Rösch
Magister HF (SS 1996)
Eine buddhistische Kulthöhle des 6. Jahrhunderts in China -
Die Dazhushengku des Baoshansi in Henan
Die Dazhushengku (589), eine von zwei Kulthöhlen des Baoshansi,
mit ihren zahlreichen Bildwerken und Sutreninschriften zeigt die einstige
Bedeutung des Tempelkomplexes am Baoshan, der einige Kilometer außerhalb
des heutigen Anyang gelegen ist.
Die Arbeit konzentriert sich im Wesentlichen auf die Skulpturen der Höhle,
die stilistisch und ikonographisch gedeutet werden. Ausführlich behandelt
werden die Wächterfiguren vor der Höhle, die in ihrer Darstellung
außergewöhnlich sind. Die zentrale Figur der Dazhushengku ist
der Buddha Vairocana, dessen figürliche Gewanddekoration als eine
Variante der in Henan verbreiteten "kosmologischen" Ikonographie
dieses Buddhas identifiziert werden konnte. Eine weitere Besonderheit der
Dazhushengku ist das Patriarchenrelief, welches zum ersten Mal die indischen
buddhistischen Lehrmeister in einer bisher einzigartigen bildlichen Umsetzung
zeigt.
Bei der Untersuchung des Bild- und Sutrenprogrammes im Zusammenhang stellte
sich ferner heraus, daß die Dazhushengku unter dem Eindruck des mofa-Gedankens
von dem Mönch Lingyu geplant wurde. Dieser Gedanke wurde ab dem 6.
Jahrhundert besonders von der Drei-Stufen-Lehre (sanjiejiao) vertreten,
aufgrund derer man sich dem Weltuntergang und damit auch dem Untergang
der buddhistischen Lehre nahe glaubte.
Da in der Dazhushengku die wichtigsten Texte dieser Lehre enthalten sind,
ließ sich die Höhle als ein wichtiges Monument dieser Glaubensvorstellung
deuten. Die Versammlung mächtiger Schutzgottheiten und einer Vielzahl
von Buddhas machen die Dazhushengku am Baoshan zu einem Ort, an dem die
Lehre Buddhas über die Endzeit hinweg bewahrt werden würde.