WDR - Kulturweltspiegel, 16. November 2003 |
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Der lange Atem der Zeit: "Schätze der Himmelssöhne" Über zwei Jahrtausende hinweg trugen die chinesischen Kaiser erlesene Kunst von unschätzbarem Wert zusammen: Bronzen, Keramik und Porzellan, Bilder, Dokumente und Kalligrafien, Jadekleinodien, Lack- und Schnitzarbeiten. Die älteste Kunstsammlung der Welt dokumentierte nicht nur die gelehrte Kunstsinnigkeit der "Himmelssöhne", die oftmals selbst malten und kalligrafierten. Dem Kaiser im Rahmen seines "himmlischen Mandats" anvertraut, hatte sie zugleich legitimatorische Bedeutung und galt als Unterpfand der Macht und Größe Chinas. In den Wirren der zahlreichen dynastischen Kriege setzten die rivalisierenden Herrscher deshalb alles daran, in den Besitz der Palastsammlung zu gelangen und diese möglichst zu vermehren. Was während der Sung-, Yan-, Ming- und Ching-Dynastie an kostbaren Preziosen angehäuft wurde, blieb dem Herrscher und einem erlauchten Kreis seines Hofstaates vorbehalten. Erst nach dem Sturz der Ching-Dynastie und der Gründung der "Republik China" konnte auch das Volk in dem 1925 eröffneten Palastmuseum von Peking die Meisterwerke der chinesischen Zivilisation bewundern. Odyssee der Palastsammlung: von Peking nach Taipeh Doch schon wenige Jahre später begann 1931 mit der Besetzung der Mandschurei durch Japan eine abenteuerliche Odyssee der Palastsammlung. Aus Angst, die Kostbarkeiten könnten den Japanern in die Hände fallen, wurde der wertvollste Teil von Peking aus zunächst nach Nanking, von dort weiter nach Schanghai und später in die Provinzen Sichuan und Guizhou verfrachtet. Erst nach der Kapitulation Japans gelangten die Preziosen zurück nach Nanking, in die Hauptstadt von Tschiang Kai-Scheks Kuo-mintang. Während des Bürgerkrieges setzte sich dieser schließlich auf der Flucht vor den Truppen Maos 1949 mit einem beachtlichen Konvolut der Sammlung nach Taiwan ab und rettete es damit vor der Zerstörungswut der Rotarmisten. Bis heute ist die Kollektion, die seit 1965 das Palastmuseum in Taipeh beherbergt, ein Zankapfel der Politik, denn noch immer sieht sich China als ihr rechtmäßiger Eigentümer. Angesichts des brisanten Hickhacks um die Kunst dauerte es zehn Jahre, bis auf Initiative der Bonner Bundeskunsthalle hierzulande eine Ausstellung mit Meisterwerken aus Taipeh realisiert werden konnte. Im Kulturgüterschutzgesetz musste zuvor eigens ein neuer Paragraf verankert werden, der die Rückführung der Exponate nach Taiwan zusichert. Nach Berlin sind jetzt ab dem 21. November in Bonn 400 der schönsten Stücke aus der kaiserlichen Sammlung zu sehen. Aus konservatorischen Gründen werden dabei in der Bundesstadt 80 andere Werke der Malerei, Kalligrafie, Buchkunst, Seidenbandweberei und Stickerei gezeigt als in der Hauptstadt. "Schätze der Himmelssöhne" - Die Ausstellung Die Ausstellung "Schätze der Himmelssöhne" in der Bundeskunsthalle präsentiert bis zum 15. Februar 2004 Meisterwerke aller Epochen der chinesischen Kunst- und Kulturgeschichte vom Neolithikum bis zum Aufbruch in die Moderne: bronzene Ritualgefäße aus frühgeschichtlicher Zeit, Jadeschnitzereien von der Antike bis in die Neuzeit, Keramik, Porzellan, aber auch buddhistische Handschriften, Lack- und Emailarbeiten sowie Schnitzereien aus verschiedenen Materialien. Die Auswahl der Werke reflektiert die Vielfalt, Kreativität und Funktionen chinesischer Kunst ebenso wie zentrale gesellschaftliche, geistige und politische Strömungen. Im Mittelpunkt stehen der Mensch, seine Beziehung zur Natur und seine Stellung in der Gesellschaft. Einen reizvollen Kontrast bildet dabei die Gegenüberstellung von geistvoller Bildsprache des Gelehrtentums und sinnenfreudiger Prachtentfaltung der höfischen Aristokratie. Kaiserliches Mäzenatentum wird im Spannungsfeld von Ästhetik, Moral und Politik beleuchtet. Das besondere Augenmerk gilt hier dem Kaiser und Kunstkenner Kao-tsung der Regierungsära Ch'ein-lung (1736-1796). Schätze der Himmelssöhne - Die Kaiserliche Sammlung aus dem Nationalen Palastmuseum Taipeh, Taiwan,
21. November 2003 bis 15. Februar 2004
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