Die Kunst der diplomatischen Einladung
Silvia Meixner

Manchmal werden die Hus nicht eingeladen. Weil der Repräsentant der Taipeh-Vertretung, Wei-jen Hu, offiziell nicht zum diplomatischen Corps gehört, denn Deutschland unterhält keine diplomatischen Beziehungen mit Taiwan. Da machen einige "Kollegen" oder diplomatische Clubs der Hauptstadt keine Ausnahme, wenn es um Gästelisten geht.

Das Protokoll kann unerbittlich sein, die Liebe zur Globalität hat ihre Grenzen. Dieser Tage durften die Hus einladen. Waren Gastgeber der Ausstellungseröffnung "Schätze der Himmelssöhne" im Alten Museum in Mitte. Gezeigt werden 400 Kunstwerke aus unterschiedlichen Dynastien der chinesischen Kultur, die kostbaren Stücke gehen erst zum dritten Mal ins Ausland, waren bislang nur in New York und Paris zu sehen. In Berlin bleiben sie bis zum 12. Oktober, danach werden sie in Bonn präsentiert.

Nach der Ausstellungseröffnung bat das Ehepaar zum Dinner ins Opernpalais. Und wie immer musste Herr Hu viel erklären. Nein, er komme nicht aus Thailand. Taipeh. Das ist die Hauptstadt Taiwans, er leitet die Repräsentanz in Berlin, in Deutschland leben rund 7000 Taiwanesen, in Taipeh gibt es 150 deutsche Unternehmen.

Seit zwei Jahren wohnen der Taiwanese und seine Ehefrau Hui-ying in Berlin, er residiert in einem Büro mit Blick auf den Gendarmenmarkt. Es ist ein Leben in der Grauzone der Diplomatie: "Weltweit unterhalten wir mit 28 Staaten, darunter Burkina Faso, Swasiland und El Salvador diplomatische Beziehungen", sagt er. In Europa nur mit Mazedonien und dem Heiligen Stuhl.

1949 flüchtete die im Bürgerkrieg von den Kommunisten geschlagene Regierung unter Chiang Kai-shek nach Taiwan, betrachtete sich weiter als alleinige legitime Regierung Chinas. 1971 wurde die Regierung der Volksrepublik China von den Vereinten Nationen als einzige legitime Regierung Chinas anerkannt, was faktisch den Ausschluss Taiwans bedeutete. Daraufhin brachen viele Staaten die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan ab. Offiziell ist Wei-jen Hu also kein Diplomat. Inoffiziell steht das Ehepaar Hu trotzdem auf vielen Gästelisten der deutschen Hauptstadt. Weil beide etwa den amerikanischen Botschafter Dan Coats aus jener Zeit kennen, in der sie in Washington stationiert waren. Und ein Freund bleibt ein Freund - ob in Washington, Taipeh oder Berlin.

http://morgenpost.berlin1.de/archiv2003/030722/berlinboulevard/story618214.html