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Welle, 16.07.2003 |
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Ein Schatz auf Reisen Einzigartige Stücke aus der Kunstsammlung der chinesischen Kaiser sind demnächst in Deutschland zu sehen. Einzigartig ist aber auch, wie die Ausstellung zustande kam. Sogar ein Gesetz wurde dafür geändert. Seltene Jadeschnitzereien, Tausende Jahre alt. Kostbares Porzellan, Drucke und Gemälde. Das älteste gedruckte Exemplar des ältesten Wörterbuches der Welt und Kalligraphien, so filigran, dass sie nur befristet Licht ausgesetzt werden können. Die chinesischen Kaiser sammelten über Jahrtausende Kunstschätze und horteten sie in ihren Palästen streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit. Nur die Augen des Himmelssohns, sprich die des Kaisers, durften diese Kunstwerke sehen. Nun dürfen erstmals deutsche Augen sich an den erlesensten Werken aus dem Kaiserpalast erfreuen. Bis November 2003 werden sie in der Ausstellung "Schätze der Himmelssöhne" in Berlin und Bonn zu sehen sein. "Die bedeutendste Ausstellung chinesischer Kunst, die es je in Europa gab", sagt Dr. Ursula Toyka-Foung gegenüber DW-WORLD. Für die Kuratorin geht damit ein Lebenstraum in Erfüllung: Ein Traum, in den sie zehn Jahre Arbeit und Herzblut investiert hat und dessen Erfüllung immer wieder in unerreichbare Ferne zu rücken schien. "Ich habe öfter nicht mehr daran geglaubt", gibt die Kunsthistorikerin zu. Nationalschatz mit abenteuerlicher Geschichte Man kann es verstehen: Die Schätze der Himmelssöhne nach Deutschland zu bringen war ein aufreibender juristischer, diplomatischer, kulturpolitischer und sogar legislativer Kraftakt. Von der Geburt der Ausstellungsidee 1992 brauchte es vier Jahre und viel diplomatisches Geschick, um die Verantwortlichen in Taipeh dafür zu erwärmen, Teile ihres Nationalschatzes auf Reisen zu schicken - zumal dieser ohnehin schon eine abenteuerliche Geschichte hinter sich hat. Nach der Vertreibung des letzten Kaisers 1911 blieben die 650.000 Objekte zunächst noch bis 1933 in Peking, ehe die Schätze der Himmelssöhne in exakt 19.557 Kisten auf der Flucht vor Krieg und Revolution an immer neue Orte gebracht wurden. 1948 konnte Nationalistenführer Chiang Kai-shek die Sammlung mit nach Taiwan retten. Die Ausstellungsmacher gaben nicht auf: In Rekordzeit wurde das "Kulturschutzgesetz" auf Initiative der Kunsthalle Bonn um den Paragraphen erweitert, der garantiert, dass die Kunstwerke unberührt von etwaigen Besitzansprüchen Pekings auch wieder nach Taiwan zurückkommen. Innerhalb von anderthalb Jahren wurde die Gesetzesänderung durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht, was der Kuratorin nicht nur als gute Lobby-Arbeit, sondern schlicht auch als "Wunder" erscheint. Zeit für Stoßgebete Wundern musste sich Toyka-Foung dann aber auch, welche immer neuen Forderungen von den Taiwanesen in den nächsten Jahren aus dem Hut gezaubert wurden: Die Ausstellung müsse auch in Berlin zu sehen sein und Taipeh wollte eine gleichwertige Gegenausstellung deutscher Kunst haben. Die nächsten Jahre Arbeit waren gesichert. Dann mussten nur noch umfangreiche bürokratische Fragen geklärt und ein Rechtsgutachten eingeholt werden - ehe im November 2002 ein überraschender Regierungswechsel das ganze Projekt nochmals in Frage stellte. Die neue Regierung zeigte sich der Ausstellungsidee zunächst ausgesprochen skeptisch gegenüber. Maja Majer-Wallat, Pressesprecherin der Bundeskunsthalle in Bonn, hofft, dass nach zehnjährigem Anlauf nun endlich die Kunstwerke im Vordergrund stehen. Vielleicht kann ja ein Ausstellungsstück den Triumph der Schönheit über die Bürokratie besonders gut symbolisieren: Kaiser Hsüan-tsung gilt (810-859 n. Chr.) gilt als Begründer der Prüfung für chinesische Beamte. In der Ausstellung ist aber eine von ihm geschriebene, wunderschöne Kalligraphie zu sehen: Es ist ein Prosa-Stück über Bachstelzen. Oliver Samson http://www.dw-world.de/german/0,3367,1534_A_916829_1_A,00.htm |
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