December 16, 2005:

[achtung! kunst] *ausstellungen* again Salzburg: HangART
 
     
 


DIE WELT, 10. Dezember 2005
Kunst und Überflieger;
Red Bull gibt jetzt auch dem Kunstmarkt Flügel: Die "HangART 7" in Salzburg
Von Roland Gross

Wer derzeit Salzburg mit dem Flugzeug verläßt, kann von der Startbahn aus mit etwas Glück einen Blick auf China erhaschen, und auf Flugzeug-Antiquitäten vom Feinsten (allesamt flugtauglich). Darunter prangt übrigens Marschall Titos selig grund-sanierter Großraum-Jet. Vom Abheben war bereits die Rede, wobei in diesem Fall "Red Bull" nicht nur (sanierte) Flügel gemacht hat, sondern noch sehr viel mehr. Denn der Besitzer all dessen, Verfechter des Extrem-Sponsoring, der den Salzburger Fußball- und Eishockey-Club (beides in "Redbull Salzburg" umgetauft), sowie zwei Formel I-Rennställe (Minardi-Team und Jaguar) sein Eigen nennt, erfand und verkauft jährlich weltweit 2 Milliarden Portionen des Energy-Drinks (Weltmarktführer) - all dies verbunden mit einem Geschmack, der an aufgelöste Gummibärchen erinnert. Keine Frage, Dietrich Mateschitz geht's gut, nicht nur der 70 Prozent Reingewinn pro Dose wegen. Und Österreichs globale Trendmarken heißen nun mal Swarovski - und Red Bull.

Seit Frühjahr 2005 unterhält Dietrich Mateschitz gleichsam noch einen Kunst-Stall. In dem seit August 2003 bestehenden imposanten "Hangar 7", gelegen am Flugha-fen-Stadtrand der Mozart-Metropole, wurde auch für die Kunst eine Startbahn ge-schaffen. Im Frühjahr bildete vor allem das junge Österreich (Wolfgang Wirth, Martin Schnur, Edgar Honetschläger) den Kunst-Auftakt. Derzeit (noch bis 18.Dezember) ermöglichen zwölf asiatische Youngster den Blick auf junge China-Kunst.

China boomt, Red Bull sowieso, und eine Kaufvermittlung findet hinsichtlich der "YCCA - Young Contemporary Chinese Art", bei diskreter Nachfrage, nicht minder statt ( Preise zwischen 2000 und 25 000 Euro). Immerhin wurde die Hälfte der jungen Österreicher zum Kunst-Auftakt von "HangART 7" verkauft: Der Name dieser rasanten Örtlichkeit, aus 100 Meter lang gewölbtem Stahlgeflecht und 7000 Quadratmetern Glas darüber, wandelt sich , wenn die Kunst zu Gast ist. Verspricht eine etwaige Kunstkäufer-Investition Aufstieg oder Absturz ? Nicht nur als Verkauf-sabschluß-Ambiente eignet sich stimmig die "Mayday-Bar" oder das Restaurant "Ikarus": Es ist derzeit Salzburgs absolutes "Must eat", dazu mit allmonatlich neu landenden Köchen. Bisher bespielten etwa Ralf Zacherl, Marc Haeberlin, Xavier Pellicer, Roland Trettl oder Dieter Müller das "Ikarus"-Cockpit. Zur "YCCA" hantierte übrigens Jereme Leung aus Shanghai mit Krabbenfleisch aus der Schere der "Hairy Crab". Also gekocht wie gemalt, Kunst und Kulinarik. Die "Mayday"-Bartheke birgt High Tech vom Feinsten. Auf Fingertippen reagieren virtuelle Kellner(innen), oder es lassen sich gar persönliche Single-Nachrichten an andere Tresen-Nachbarn senden. Durch den Glasfußboden fällt der Blick auf die Kunstflug-Flotte der "Flying Bulls".

Der ursprüngliche Auslöser zu diesem Kulissen-Kunstwerk für Maschinenöl und Ölfarbe aus der Tube lag nämlich in der ungesicherten Zukunft der "Flying Bulls", einer Innsbrucker Kunst-Flugstaffel. Nicht nur Kunst und Kunstflieger haben also unter dem Zepter tierischen, Taurin-haltigen Red Bull-Brandings eine fraglos nicht nur für die Alpenrepublik neuartige Form des Marketings gefunden.

Immerhin, die Kunst-Verantwortliche Lioba Reddeker sieht vor allem "die Er-schließung neuer Kunst-Besucherschichten durch die HangART". Immerhin 10 000 Besucher kommen monatlich eintrittfrei in den Hangar 7, freilich aus ganz un-terschiedlichen Beweggründen. Künstler seien übrigens für Dietrich Mateschitz, so Lioba Redekker, über den kunstöffentlichkeits-scheuen Red Bull-Erfinder, oft unterschätzte Menschen, die eine Vision haben und diese eisern verfolgten und durchsetzten - wie er selber auch. Die boomende Event-Kultur der vergangenen zehn Jahre wurde fraglos durch das Phänomen dieses Energy-Drinks stark mitgeprägt.

Wer je an einer Vernissage im Hangar 7 teilgenommen hat, durfte zugleich die endgültige Kernverschmelzung von Kunst und Eventitis miterleben. Im Fall "YCCA" hieß dies unlängst: am Entree zur Begrüßung Stewardessen-Look À la fescher Playboy-Club, danach Rosenblüten, von zarter chinesischer Hand über die anwesende Prada-Gemeinde verrieselt. Zuvor eine virtuelle rote Nationalflagge, riesenhaft auf Gaze gebeamt, dazu wiederum sprachliches Ergründen junger chinesischer Kunst, rezitiert durch einen Schauspieler. Traditioneller chinesischer Musik folgte dann bis zum Ende die wabernde psychedelische Sound-Internationale aus dem Off. Kritik hin oder her: Das alles muß man sich erst mal trauen. Vom 17. Februar geht es bis 9.April übrigens um junge spanische Kunst. Schon wieder so ein Red Bull-Bezug . Na denn Servus, Toro!

Chinesische Kunst-Idylle in Salzburg Foto: Roland Gross

 

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Matthias Arnold
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